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Wenn alle mit ChatGPT Fachartikel schreiben: Herausragen aus der Content-Flut
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Wenn jetzt alle mit ChatGPT Fachartikel schreiben: So schlagen Sie die künstliche Intelligenz

Wer sich mit dem Formulieren schwer tut, hat es künftig leichter: Er kann mit Hilfe von ChatGPT Fachartikel schreiben. Absehbar ist damit jedoch eine Flut an Texten, in der auch gute Artikel unterzugehen drohen.

Mit ChatGPT Fachartikel schreiben? So unglaublich es klingt: Mit den richtigen Anweisungen schreibt die künstliche Intelligenz heute schon brauchbare Artikel. „Schlechte Texte werden bald verschwinden“, erwartet etwa Matthias Wiemeyer, Mitinhaber der Schweizer Schreibschule schreibszene. „Es wird mithilfe der modernen Tools fast jeder und jedem gelingen, korrekte, handwerklich solide Texte zu schreiben.“

Mit einer Metapher aus der Bergwelt beschreibt Wiemeyer in seinem Buch „Besser schreiben mit KI“ die neue Lage: „Stellen Sie sich vor, alle Gipfel in den Alpen, die weniger als 3000 Meter hoch sind, bekommen einen Lift bis zum Gipfelkreuz. Dann laufen plötzlich auf vielen Gipfeln Turnschuhtouristen herum. Früher kamen da nur geübte Bergsteiger hin.“

Mit anderen Worten: Selbst für versierte Autorinnen und Autoren ändert sich die Situation grundlegend. Wenn jeder dahergelaufene Schreiber mit Hilfe von ChatGPT Fachartikel schreiben kann, zeichnet sich eine Flut an mittelmäßigen, aber eben doch brauchbaren Texten ab. Konnten Beraterinnen und Berater bislang mit solide geschriebenen Artikeln Bekanntheit erlangen, stehen sie jetzt vor der Frage: „Wie kann ich mit meinen Texten da noch auffallen?“

Den Lösungsweg deutet Matthias Wiemeyer an, indem er das Bild der Turnschuhtouristen weiterspinnt: „Die höchsten Gipfel, bei denen die Installation von Bergbahnen zu schwierig oder zu teuer wäre, bleiben weiterhin den durchtrainierten Alpinisten vorbehalten.“

Es geht also darum, die Dreitausender zu besteigen – Texte zu schreiben, die aus der Masse herausragen. Doch was braucht es dazu?

Mit ChatGPT Fachartikel schreiben: ein guter Ausgangspunkt

Nichts spricht dagegen, erst einmal mit der Bergbahn zu fahren. Mit den richtigen Anweisungen schreibt ChatGPT eine erste Rohfassung Ihres Artikels – und das in atemberaubender Geschwindigkeit. Wie das funktioniert, habe ich in einem E-Paper beschrieben (Mit ChatGPT Fachartikel schreiben: Wie Sie ein mächtiges Werkzeug effektiv nutzen).

Mit Hilfe von ChatGPT gelangen Sie zügig auf ein schon recht hohes Ausgangsniveau. Doch bis hierhin, bis zur Bergstation, schaffen es auch Ihre Kolleginnen und Kollegen. Jetzt kommt es darauf an, den Unterschied zu machen und noch ein Stück höher zu steigen.

Mit ChatGPT Fachartikel schreiben – und sich von der Masse abheben

Es kommt darauf an, den Unterschied zu machen. (Abbildung: DALL-E2)

Das mag anstrengend sein, doch es lohnt sich. Die immer größer werdende Textflut führt dazu, dass Ratsuchende mehr denn je nach Quellen suchen, denen sie vertrauen können. Hier liegt Ihre Chance: Zeigen Sie mit Ihren Artikeln, dass Sie ein kompetenter und seriöser Ratgeber sind.

Drei Maßnahmen können dabei helfen.

Maßnahme 1: Ins Detail gehen

ChatGPT greift auf vorhandenes Wissen zurück und neigt dazu, im Allgemeinen zu bleiben. Als Experte auf Ihrem Gebiet können Sie hier einen Unterschied machen: Werden Sie konkret, gehen Sie inhaltlich in die Tiefe. Beschreiben Sie Details, die auf Ihrer eigenen Erfahrung und Expertise gründen. Auf diese Weise bieten Sie Neues und Nützliches – genau den Mehrwert, den Leserinnen und Leser von einem guten Fachartikel erwarten.

Das setzt voraus, dass Sie das Thema radikal eingrenzen. Nur so können Sie ins Detail gehen, ohne den Rahmen eines Fachartikels zu sprengen. Hilfreich ist hier das Konzept der „didaktischen Reduktion“, wie es Martin Lehner, Professor an der Fachhochschule Technikum Wien, beschrieben hat. Das Konzept folgt dem Prinzip „Gründlichkeit vor Vollständigkeit“: Statt zu versuchen, ein Thema vollständig abzudecken und dabei zwangsläufig an der Oberfläche zu bleiben, konzentriert man sich auf einen einzigen, wesentlichen Aspekt und behandelt diesen gründlich.

Didaktische Reduktion: Grundlandschaft und Tiefenbohrungen

Die Idee der didaktischen Reduktion erläutert Prof. Dr. Martin Lehner am Modell der „Grundlandschaft und Tiefenbohrungen“, das auf den Pädagogen Martin Wagenschein zurückgeht: Die Grundlandschaft steht für den Überblick und das Ganze, die Tiefenbohrungen für sorgfältige Vertiefungen und die intensive Auseinandersetzung mit dem Einzelnen und dem Wesentlichen.

Prinzip von "Grundlandschaft und Tiefenbohrungen" – Quelle: Prof. Dr. Martin Lehner

Gründlichkeit geht vor Vollständigkeit: Das didaktisches Prinzip von „Grundlandschaft und Tiefenbohrungen“ (Quelle: Lehner /  Wagenschein)

 

Mehr hierzu im Blogartikel „Viel Stoff, wenig Platz: Der Trick mit der didaktischen Reduktion“

Die Beschränkung auf nur eine Tiefenbohrung erlaubt es, im engen Rahmen eines Fachartikels ins Detail zu gehen und so die eigene Expertise einzubringen. Entscheiden Sie sich also für einen Aspekt, den Sie näher ausführen, alle anderen können Sie in eine Themenliste aufnehmen und für spätere Artikel aufbewahren. Das Schöne daran ist, dass Sie sich in Ihrem Gebiet auskennen und in der Lage sind, hier die richtigen Prioritäten zu setzen.

Hier schlagen Sie die künstliche Intelligenz: Im Unterschied zu ChatGPT wissen Sie genau, wo es sich lohnt, in die Tiefe zu bohren. Dank Ihrer Expertise können Sie beurteilen, warum ein Aspekt für Ihre Zielgruppe gerade besonders relevant ist. Ein Fachautor, so Martin Lehner in seinem Buch über didaktische Reduktion, versteht es, das für den Leser Wesentliche darzustellen: „Er wählt aus der Stofffülle seines Themas einen Aspekt aus, konzentriert sich auf die wichtigen Punkte und vereinfacht Zusammenhänge.“

„Fachleute sind nicht deshalb Fachleute, weil sie besonders viel wissen, sondern weil sie als Einzige wissen, was für die jeweilige Zielgruppe wichtig ist und was nicht.“ (Martin Lehner, Viel Stoff – wenig Zeit, S. 9)

Maßnahme 2: Den Erkenntnisprozess beschreiben

Wer sich von ChatGPT Fachartikel schreiben lässt, hat vor allem mit einem Manko zu kämpfen: Der Bot verrät nicht, wie er zu seinen Aussagen kommt. Er nennt keine Quellen und gerät gelegentlich sogar ins „Halluzinieren“, spuckt also so etwas wie intelligenten Unsinn aus. Das schafft Unsicherheit, hinterlässt Ratlosigkeit: Ist das wahr, ist das Fake? Kann ich diesem Text trauen?

Die Folge: Qualität und Verlässlichkeit eines Textes werden wertvoller denn je. Ratsuchende sehnen sich nach Autoren, denen sie vertrauen können.

Dieses Bedürfnis nach Sicherheit und Zuverlässigkeit lässt sich mit einer einfachen Maßnahme erfüllen: Legen Sie im Artikel dar, wie Sie zu einer Schlussfolgerung gekommen sind. In der Wissenschaft ist das selbstverständlich. Wer eine wissenschaftliche Arbeit schreibt, führt exakt und nachvollziehbar aus, wie er zu einer neuen Erkenntnis gelangt ist. In Zeiten von ChatGPT gilt es, diesen Anspruch auch auf einfache Fachartikel zu übertragen.

Den Erkenntnisprozess offenlegen: Die Story hinter der Story

Unter Journalisten wird es immer gängiger, nicht nur die Ergebnisse einer Recherche zu präsentieren, sondern auch den Weg dorthin transparent zu machen – die Geschichte hinter der Geschichte zu erzählen. Das gilt vor allem für investigative Themen, aber nicht nur.

In der Literaturkritik etwa, so betont Iris Radisch, Redakteurin bei der ZEIT, „muss der Leser nachvollziehen können, wie der Rezensent zu seiner Meinung gekommen ist.“ Interessant ist nun, was die Journalistin mit „nachvollziehen können“ meint: Der Autor sollte sein Urteil nicht nur mit guten Argumenten begründen, sondern auch den Prozess offenlegen, wie er zu seinem Urteil gekommen ist.

Mehr dazu im Blogbeitrag „Von ZEIT-Journalisten lernen“

Den Erkenntnisprozess zu beschreiben, ist für viele Autoren von Fachartikeln ein ungewohnter Gedanke. Üblicherweise beschränken sie sich darauf, schlüssig zu argumentieren, Ergebnisse darzustellen und Empfehlungen zu geben. In Zeiten von ChatGPT und Fake-News ist es eine Überlegung wert, zusätzlich den dahinter stehenden Erkenntnisprozess zu beschreiben – also den Leser oder die Leserin ein Stückweit teilhaben zu lassen an den Abwägungen und Zweifeln, die dem Artikel vorausgegangen sind. Das schließt ein, vielleicht auch einmal von einem Gedankengang zu berichten, der in die Irre führte und wieder verworfen werden musste.

Solche Offenheit erfordert Mut. Aber wenn Sie die Wohlfühlecke verlassen und mit Ihrem Text etwas wagen, heben Sie sich von der Masse der weichgespülten Marketingtexte ab. Es fördert die Glaubwürdigkeit, auch einmal über eine Idee zu berichten, die sich als Fehlschluss herausgestellt hat.

Indem Sie auf diese Weise Einblick in Ihre Denkweise und Ihr Wissen geben, kann der Leser nicht nur Ihren Standpunkt besser verstehen. Im Unterschied zu ChatGPT lassen Sie ihn auch nicht im Unklaren darüber, woher Sie Ihre Informationen haben und wie Sie zu Ihren Schlussfolgerungen gekommen sind. Das schafft Glaubwürdigkeit und Vertrauen.

Maßnahme 3: Kompetenz zeigen

Als Beraterin oder Berater zeichnet Sie vor allem eines aus: Kompetenz und Erfahrungswissen. Das haben Sie ChatGPT voraus – und diese Stärke gilt es zu zeigen und zu belegen.

Kompetenz belegen Sie zum einen durch den Rahmen, in dem der Text erscheint. Dazu gehören das Renommé der Zeitschrift, in der Sie unter Ihrem Namen veröffentlichen, eine informative Autoreninformation, gegebenfalls auch ein gutes Autorenfoto.

Vor allem aber bietet der Text selbst Möglichkeiten, Kompetenz zu zeigen – und zwar auf zwei Ebenen:

  1. Fachlichkeit: Indem Sie inhaltlich in die Tiefe gehen, zeigen Sie Wissen und Kompetenz. Belegen Sie wichtige Aussagen zusätzlich mit Forschungsergebnissen. So signalisieren Sie dem Leser: „Meine Ratschläge stehen auf einem soliden Fundament.“
  2. Erlebnisse: Indem Sie aus eigenen Projekten berichten, belegen Sie auf elegante Weise Ihre Praxiserfahrung. Sie sagen nicht, dass Sie eine erfahrene Beraterin oder ein erfahrener Berater sind, sondern Sie zeigen es.

Vor allem die zweite Ebene macht den Unterschied aus. Anders als ChatGPT sind Sie in der Lage, einen Sachverhalt anhand von selbst erlebten Beispielen zu beschreiben. Zwei Varianten haben sich bewährt:

  • Sie wählen ein Fallbeispiel, das sich durch den ganzen Artikel zieht. So nehmen sie den Leser mit auf eine Reise mit, bei der er die Entwicklung eines Projekts von Anfang bis Ende miterleben kann.
  •  Sie fügen unterschiedliche Beispiele an geeigneten Stellen in den Text ein, etwa nach dem Muster: „Ein kürzlich abgeschlossenes Projekt verdeutlicht…“, „Eine interessante Erkenntnis aus einem aktuellen Projekt ist…“, „Ein Beispiel: In einem von uns beratenen Produktionsunternehmen…“, „In einem anderen Projekt hat sich herausgestellt…“, „Bei meiner Arbeit mit globalen IT-Firmen habe ich erlebt, wie…“, „Aufgrund unserer Erfahrung mit Start-ups ist eine der größten Herausforderungen…“)

Und was rät ChatGPT?

Testen wir einmal, was die künstliche Intelligenz dazu sagt. Nachdem ich mich bei ChatGPT als Unternehmensberater ausgegeben hatte, der sich mit Fachartikeln positionieren möchte, fragte ich: „Wie kann ich in einem Fachartikel meine Erfahrung und Kompetenz zeigen, ohne aufdringlich zu wirken?“ Die hier wörtlich und ungekürzt wiedergegebene Antwort von ChatGPT (Version 4) enthält durchaus brauchbare Anregungen:

Es ist wichtig, in einem Fachartikel eine Balance zwischen dem Zeigen Ihrer Erfahrung und Kompetenz und dem Vermeiden einer aufdringlichen oder selbstverherrlichenden Darstellung zu finden. Hier sind Schlüsselstrategien zusammengefasst:

  1. Inhaltliche Tiefe und Fachwissen: Zeigen Sie Ihre Expertise durch tiefgründige Einsichten und fundierte Kenntnisse der Materie. Stellen Sie sicher, dass Ihr Artikel wertvolle Informationen enthält, die dem Leser helfen.
  2. Praxisbezogene Beispiele: Nutzen Sie reale oder hypothetische Beispiele aus der Praxis, um Konzepte zu veranschaulichen. Sie können entweder mehrere Beispiele verwenden oder ein durchgängiges Fallbeispiel wählen.
  3. Daten und Fakten: Untermauern Sie Ihre Aussagen mit Daten, Statistiken und konkreten Ergebnissen, um Glaubwürdigkeit zu vermitteln.
  4. Aktualität des Wissen: Beziehen Sie aktuelle Trends und Entwicklungen ein, um zu zeigen, dass Sie am Puls der Zeit sind.
  5. Klare und verständliche Sprache: Verwenden Sie eine klare und verständliche Sprache, die Ihre Fähigkeit widerspiegelt, komplexe Themen verständlich zu kommunizieren.
  6. Lösungsorientierung: Stellen Sie Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen bereit, die dem Leser einen konkreten Mehrwert bieten.
  7. Reflexion und Lernen: Zeigen Sie, dass Sie aus Erfahrungen lernen und Ihre Ansätze stetig weiterentwickeln, indem Sie persönliche Einsichten und Lernerfahrungen teilen.
  8. Ethische Überlegungen: Wenn relevant, integrieren Sie ethische Aspekte und zeigen, wie diese in Ihrer Arbeit berücksichtigt werden.
  9. Leserorientierung: Stellen Sie den Nutzen für den Leser in den Vordergrund und vermeiden Sie es, sich selbst zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen.
  10. Bescheidenheit: Anerkennen Sie gegebenenfalls auch die Beiträge und Erfolge anderer und seien Sie offen für andere Sichtweisen und Meinungen.

Indem Sie diese Strategien anwenden, können Sie Ihre Erfahrung und Kompetenz auf eine Art und Weise präsentieren, die authentisch, glaubwürdig und nicht aufdringlich ist. Der Fokus sollte dabei stets darauf liegen, dem Leser wertvolle Informationen und Einsichten zu bieten.

Fazit

Für Fachautoren in Zeiten von ChatGPT ergibt sich Handlungsbedarf auf zwei Ebenen. Es gilt

  1. den Unterschied zu machen – sprich: sich von der Masse der KI-generierten Texte abheben, gegen ChatGPT Fachartikel schreiben;
  2. die KI-Werkzeuge selbst einzusetzen – sprich: sich mit der künstlichen Intelligenz verbünden und die neuen Möglichkeiten nutzen, mit ChatGPT Fachartikel schreiben.

Durch die Kombination der beiden Handlungsebenen können Sie auch in Zukunft Fachartikel schreiben, die wirklich gelesen werden.

Vor allem drei Maßnahmen helfen, um sich von der Masse der ChatGPT-Texte abzuheben: ins Detail gehen, den Erkenntnisprozess beschreiben, Kompetenz zeigen. Wenn Sie dazu  noch die enormen Vorteile von ChatGPT nutzen möchten, kann mein kostenloses E-Paper hilfreich sein: „Mit ChatGPT Fachartikel schreiben: Wie Sie ein mächtiges Werkzeug effektiv nutzen“

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