Ghostwriting
Dem Ghostwriter ausgeliefert
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Dem Ghostwriter ausgeliefert?

Im Frühjahr 2017 machte der ehemalige Ghostwriter von Helmut Kohl Schlagzeilen. Das Landgericht Köln verurteilte ihn zu einer Million Euro Schadenersatz, weil er eigenmächtig vertrauliche Informationen des Alt-Bundeskanzlers veröffentlicht hatte. Da drängt sich die Frage auf: Wie kann sich ein Autor vor einem Vertrauensbruch durch seinen Ghostwriter schützen?

Eigentlich gehört Diskretion zum Geschäft. Wenn Sie einen Ghostwriter beauftragen, sollten Sie sich auf absolute Vertraulichkeit verlassen können. Der Punkt ist nämlich: Ihr Ghostwriter kann nur dann einen guten Text schreiben, wenn er Sie und Ihr Anliegen wirklich versteht. Das jedoch erfordert Offenheit – ein Stück Preisgabe Ihrer selbst.

Der Ghostwriter muss Ihre Motive verstehen

Überlegen Sie einmal, was passiert, wenn Sie ein gutes Fachbuch lesen. Im Idealfall gehen Sie mit dem Autor eine Beziehung ein. Sie vertrauen sich ihm an und lassen sich von ihm durch das Thema führen. Genau darin liegt der zentrale Nutzen des Fachbuchs: Ein erfahrener Experte gibt Orientierung in einem komplexen Wissensgebiet.

Was bedeutet das für den Autor? Die Herausforderung liegt darin, ein persönliches Verhältnis zu seinen  Lesern aufzubauen. Inhaltliche Exzellenz reicht hierfür nicht aus. Vielmehr gilt es, den Leser auch emotional zu erreichen und ihm das Gefühl zu geben: „Dieser Autor ist für mich der richtige Experte, dem ich gerne auch über 200 bis 300 Buchseiten folgen möchte.“

Als Autor bedeutet das für Sie, neben Ihrem Fachwissen auch ein Stückweit Ihre Persönlichkeit in das Buch einzubringen. Das kann durch einen persönlich gefärbten Schreibstil geschehen, durch eine souveräne Haltung, die eher zwischen den Zeilen deutlich wird, oder durch eigene Erlebnisse, die Sie in den Fachtext einstreuen.

Wenn Sie nun einen Ghostwriter engagieren, übertragen Sie ihm auch die Aufgabe, diese persönliche Leserbeziehung herzustellen. Deshalb genügt es nicht, ihn allein mit den Inhalten zu versorgen. Vielmehr muss er auch Motive und Hintergründe kennen, die hinter dem Auftrag stehen. Soll das Buch ein Erfolg werden, müssen Sie ihm ziemlich viel von sich selbst preisgeben. Weit mehr, als am Ende veröffentlicht wird.

Autor und Ghostwriter brauchen Offenheit

Ein Zweites kommt hinzu: Wer sein Buch von einem Ghostwriter schreiben lässt, geht eine enge, sich über Monate hinziehende Zusammenarbeit ein. Nach meiner Erfahrung wird da immer auch über Vertrauliches gesprochen. Wenn Sie für Ihr Thema brennen und im Interview mit dem Ghostwriter in die Tiefe gehen, berichten Sie zwangsläufig über Erlebnisse bei Kunden oder andere vertrauliche Details. Gemeinsam lässt sich dann entscheiden, ob oder in welcher Form diese Aspekte in den Text einfließen können. Eine vernünftige Zusammenarbeit braucht diese Offenheit – was wiederum ein enges Vertrauensverhältnis voraussetzt.

Vor diesem Hintergrund ist es absolut nachvollziehbar, wenn sich Altkanzler Helmut Kohl seinem Ghostwriters gegenüber geöffnet und ungefiltert geäußert hat. Im Verhältnis Autor zu Ghostwriter sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass Vertrauliches vertraulich bleibt und alleine der Autor bestimmt, was in welcher Form veröffentlicht wird. Anders geht es nicht. Vertraulichkeit ist in der Zusammenarbeit mit einem Ghostwriter Geschäftsgrundlage.

Im Falle des Altkanzlers kam es bekanntlich zum Zerwürfnis. Der Ghostwriter nutzte die Mitschnitte und Gespräche, um daraus ein eigenes, von Kohl nicht autorisiertes Buch zu schreiben. Unter dem Titel „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“ wurde es ein Bestseller. Der frühere Bundeskanzler bestritt nicht die Echtheit der darin zitierten Äußerungen, bestand aber darauf, dass sie vertraulich gewesen seien. Ende April 2017 befand das Landgericht Köln, der Ghostwriter habe das Persönlichkeitsrecht des Autors schwer verletzt.

Wer als Ghostwriter vertrauliches Material für sich nutzt und damit an die Öffentlichkeit geht, handelt demnach nicht nur unanständig, sondern auch rechtswidrig. Aus Sicht eines Autors, der einen Ghostwriter engagieren möchte, ändert das jedoch nichts am Grundproblem: Sollte der Ghostwriter vertrauliche Informationen missbrauchen, steht die eigene Reputation auf dem Spiel. Der Fall Kohl zeigt, dass sich dieses Risiko nicht ganz von der Hand weisen lässt.

Somit stellt sich die Frage: Wie können Sie sich bei einem Ghostwriter vor einem Missbrauch vertraulicher Informationen schützen?

Maßnahme 1: Fragen Sie nach Referenzen

Mit Referenzen ist das bei einem Ghostwriter so eine Sache. In der Regel verpflichtet er sich, die eigene Urheberschaft nach außen zu verschweigen. Also darf er auch keine Artikel oder Bücher nennen, die er für einen seiner Auftraggeber geschrieben hat. Auf seiner Internetseite werden Sie daher keine Referenzen finden.

Dennoch besteht die Möglichkeit, einen Ghostwriter nach Referenzen zu fragen. Nehmen Sie hierzu persönlich Kontakt auf. In der Regel kennt er einige Kunden, die nach Absprache gerne Auskunft geben. So können Sie sich mit einem Dritten über Erfahrungen und Arbeitsweise des Ghostwriters austauschen.

Im Idealfall kennen Sie einen Kollegen, der bereits erfolgreich mit einem Ghostwriter zusammenarbeitet und Ihnen seinen Ghostwriter empfehlen kann. Ich selbst erhalte die meisten Neukunden über eine solche Empfehlung.

Maßnahme 2: Testen Sie den Ghostwriter

Lernen Sie den Kandidaten eingehend kennen. Ein einfaches Vorstellungsgespräch reicht dazu nicht aus. Testen Sie stattdessen die Zusammenarbeit, indem Sie einen Text schreiben lassen. Das kann ein Fachartikel oder ein Internettext sein. Ebenso bietet sich hierzu das Probekapitel an, das Sie als Autor ohnehin erstellen müssen, wenn Sie Ihr Buchprojekt einem Verlag anbieten.

Konkret heißt das:

  • Vereinbaren Sie mit dem Ghostwriter einen mindestens dreistündigen Termin, bei dem Sie einander kennenlernen.
  • Nutzen Sie das Treffen, um die Inhalte des Probetextes zu präsentieren. So können Sie den Ghostwriter gleich damit beauftragen, seine Probearbeit auszuführen.
  • Lassen Sie das Gespräch Revue passieren: Hat es Spaß bereitet, mit dem Ghostwriter über Inhalte zu sprechen? Sind neue Ideen entstanden?
  • Prüfen Sie die Probearbeit. Hat der Ghostwriter termingerecht geliefert? Entspricht der Text weitgehend Ihren Vorstellungen? Können Sie sich mit dem Text identifizieren?
  • Können Sie sich vorstellen, mit diesem Ghostwriter  über lange Zeit hinweg, vielleicht länger als ein Jahr, intensiv zusammenzuarbeiten?
  • Trauen Sie dem Ghostwriter zu, dass er Sie sicher durch das Buchprojekt begleitet?

Kaum ein Ghostwriter wird beim ersten Text Ihren Stil und Ihre Erwartungen zu 100 Prozent treffen. Es dauert eine gewisse Zeit, bis sich beide Seiten aufeinander eingespielt haben. Die Grundrichtung sollte jedoch von Anfang an stimmen. Dazu gehört auch, dass der Ghostwriter Ihre Änderungswünsche versteht und einarbeitet. Spätestens nach zwei Korrekturdurchgängen sollten Sie wirklich zufrieden sein.

Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, den Ghostwriter kennenzulernen und zu testen. Eine solche Probephase kann sich durchaus über einige Monate hinziehen. So  können Sie auf einer soliden Basis entscheiden, ob Sie ihm vertrauen und mit ihm Ihr Buchprojekt realisieren möchten.

Maßnahme 3: Schließen Sie einen Ghostwriter-Vertrag

Schließen Sie einen Ghostwriter-Vertrag, der beide Seiten absichert und deren Rechte und Pflichten definiert. Darin können Sie vereinbaren, dass der Ghostwriter Informationen, die er im Rahmen des Projektes von Ihnen erhält, nicht an Dritte weitergeben darf.

Darüber hinaus sollte sich der Ghostwriter in dem Vertrag dazu verpflichten, seine Urheberschaft gegenüber Dritten zu verschweigen. Damit verzichtet er ausdrücklich auf sein Urheberbenennungsrecht – und Sie können das Buch als Ihr eigenes in der Öffentlichkeit präsentieren. Hintergrund: Das deutsche Urheberrecht geht davon aus, dass derjenige der Urheber ist, der ein Werk erschaffen hat. In diesem Fall also der Ghostwriter.

Maßnahme 4: Beziehen Sie den Verlag mit ein

Sofern Sie Ihr Buch bei einem renommierten Verlag publizieren, können Sie dem Verlag gegenüber mit offenen Karten spielen und den Ghostwriter offiziell mit in das Projekt einbeziehen. Ein gutes Buch ist stets das Ergebnis einer gelungenen Teamarbeit zwischen Autor, Lektor und anderen Beteiligten. Es ist durchaus sinnvoll, hier auch den Ghostwriter mit an Bord zu holen.

Als Ghostwriter habe ich schon öfter auf Seiten des Autors an Gesprächen mit dem jeweiligen Lektor teilgenommen und das Projekt inhaltlich mit abgesteckt. Nach meinem Eindruck kam die so entstandene Klarheit der Qualität des geplanten Buchs durchaus zugute.

Ein Ghostwriter, der auf diese Weise in die Verlagsszene eingebunden ist, hat viel zu verlieren, wenn er das Vertrauen seines Auftraggebers missbraucht. Der betroffene Autor würde den Fall mit Sicherheit dem Lektor erzählen – und der Ruf des Ghostwriters wäre wohl dauerhaft beschädigt.

Praxistipps

Es gibt verschiedene Wege, den richtigen Ghostwriter zu finden. Wer mit einer PR-Agentur oder einem Berater zusammenarbeitet, kann hier nach möglichen Kandidaten fragen. Ein anderer Weg ist die direkte Kontaktaufnahme zu Wirtschafts- oder Fachjournalisten. Sofern es sich nicht um angestellte Redakteure handelt, können sie an einem Ghostwriting-Auftrag interessiert sein.

Wenn Sie einen Kandidaten im Blick haben, können folgende Vorsichtsmaßnahmen vor Enttäuschungen schützen:

  • Informieren Sie sich. Lesen Sie, was er geschrieben hat. Gute Ghostwriter kommen häufig aus dem Journalismus und haben bereits eigene Artikel oder sogar Bücher verfasst.
  • Versuchen Sie, Referenzen zu erhalten. Nehmen Sie hierzu Kontakt zu ihm auf.
  • Testen Sie die Zusammenarbeit. Lassen Sie ihn einen Fachartikel oder das Probekapitel Ihres geplanten Buchs schreiben.
  • Schließen Sie einen Ghostwriter-Vertrag.
  • Überlegen Sie, ob Sie gegenüber Ihrem Verlag mit offenen Karten spielen und den Ghostwriter offiziell einbeziehen. Auch so gewinnen Sie zusätzliche Sicherheit.

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