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„Zeigen statt Sagen": In einer Welt voller KI-Texte den Unterschied machen
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Zeigen statt Sagen: So gewinnen Sie Vertrauen in KI-Zeiten

Mit dem Prinzip „Zeigen statt Sagen“ können Sie in einer Welt voller KI-Texte den Unterschied machen – und Vertrauen zum Leser aufbauen.

​Für Aufregung sorgte im vergangenen Herbst eine Warnung der New Yorker Gesellschaft für Mykologie: Auf Amazon waren mehrere englischsprachige Pilzratgeber aufgetaucht, die offenbar aus einem KI-Textgenerator stammten. Die darin enthaltenen Tipps seien „teilweise lebensgefährlich“. Die Mykologen riefen dazu auf, nur Werke von bekannten Autoren und Sammlern zu kaufen, dies könne „buchstäblich über Leben und Tod entscheiden“. Amazon sperrte daraufhin die fraglichen Publikationen, wie heise online berichtete.

Der Fall zeigt: Von künstlicher Intelligenz (KI) erstellte Texte können Fehler enthalten. In einer Zeit, in der wir mit KI-Inhalten überschwemmt werden, benötigen Ratsuchende mehr denn je verlässliche Informationen. Wenn sie einen Artikel lesen, wollen sie wissen, wer dahinter steht: „Kann ich dem Autor vertrauen? Hat er die Kompetenz, mich zu beraten?“ Sie sehnen sich nach echten Menschen, die ihnen Orientierung geben.

Als Autorin oder Autor stehen Sie damit vor der Aufgabe, nicht nur einen fachlich guten Text zu schreiben, sondern auch das Vertrauen der Leser zu gewinnen. Wie gelingt das? Die Zauberformel lautet hier: „Zeigen statt Sagen“.

Das Prinzip „Zeigen statt Sagen

„Zeigen statt Sagen“ gilt generell, wenn es darum geht, Vertrauen aufzubauen. Zum Beispiel auch in der Beratung: Statt Ihre Kunden nur mit Worten von Ihrer Zuverlässigkeit, Kompetenz oder Erfahrung zu überzeugen, können Sie diese Eigenschaften auch durch Ihr Handeln beweisen. Statt zu behaupten, zuverlässig zu sein, halten Sie Termine und Absprachen zuverlässig ein. Statt von Ihrer Erfahrung zu sprechen, nennen Sie konkrete Beispiele aus Ihrer Arbeit, die Ihre Kompetenz belegen

Vertrauen aufbauen

„Vertrauen entsteht mit der Zeit durch viele kleine JAs des Gegenübers“, schreibt der Unternehmensberater Giso Weyand in seinem Buch Das neue Sogprinzip. Doch wann spricht das Gegenüber ein solches kleines JA aus? In Anlehnung an den Berater und Managementexperten David Maister nennt Giso Weyand elf Prinzipien, wie Vertrauen aufgebaut werden kann. Darunter auch das Prinzip „Zeigen statt Sagen“:

Es reicht nicht, einfach nur zu sagen: »Ich bin zuverlässig«, »Ich habe Ihre Situation verstanden«, »Ich bin eine angenehme, hilfsbereite Person«, »Ich habe viel Erfahrung mit Ihrer Art von Problemen«. Wenn Ihr Gegenüber Vertrauen zu Ihnen fassen soll, müssen Sie ihm zeigen, dass Sie zuverlässig sind, seine Situation verstanden haben oder sein Problem lösen können. Zeigen und vormachen, nicht nur davon reden!

Eine gute Möglichkeit hierzu bietet die Art, Fragen zu stellen. Die richtigen Fragen können Ihrem Gegenüber deutlich machen, dass Sie erfahren und kompetent sind, sich auf das Gespräch gründlich vorbereitet haben und es verstehen, schnell zum Kern des Themas zu kommen.

Auch Gesten können viel ausdrücken, sofern sie nicht zu eingeübt wirken. Das kann eine Karte zum Geburtstag sein oder eine kleine Aufmerksamkeit ohne konkreten Anlass. Zum Beispiel können Sie einem Kunden eine Information zusenden oder ihn anrufen und nach seiner Meinung für eine Idee fragen.

Damit zeigen Sie, dass Sie diesen Kunden wertschätzen; dass Sie in seinen Kategorien, nicht in Ihren eigenen denken; dass Sie für ihn eine Quelle guter Ideen und Anregungen sind; dass Sie mit ihm in Kontakt bleiben möchten. All das sagen Sie nicht, sondern Sie zeigen es mit einer einfachen Geste!

zitiert aus: Giso Weyand, Das neue Sogprinzip, S. 228
Das Buch ist hier zum freien Download erhältlich.

 

In der Literatur ist das Prinzip „Zeigen statt Sagen“ selbstverständlich, aber auch in Journalistenschulen wird es gelehrt. „Eine Emotion, die nur behauptet und nie gezeigt wird, wirkt unglaubwürdig“, sagte Marc Neller, Redakteur der Welt am Sonntag, bei einer Fortbildung für Journalisten. Bei seinen Recherchen achtet er deshalb auf Details, macht sich Notizen oder fotografiert: „Ich bin da ein großer Sammler.“

Warum nicht auch in Ihrer Beratungspraxis ähnlich verfahren? Notieren Sie während der Projektarbeit besondere Erlebnisse, halten Sie Situationen in Fotos fest, dokumentieren Sie Ergebnisse in Screenshots oder sammeln Sie Feedback von Projektbeteiligten in wörtlichen Zitaten. So schaffen Sie sich einen Fundus an anschaulichem Material, das Sie später in Ihre Fachartikel einfließen lassen können – ganz im Sinne von „Zeigen statt Sagen“.

Wie „Zeigen statt Sagen“ bei Fachartikeln funktioniert

Für die Umsetzung des Prinzips „Zeigen statt Sagen“ in Fachartikeln sind vor allem zwei Aspekte entscheidend: Details und Nachvollziehbarkeit.

Details aus eigener Erfahrung schildern

Details aus der Projektarbeit, die aus persönlicher Erfahrung stammen, machen den Text anschaulicher und belegen Ihre Erfahrung und Kompetenz. Da traten in einem IT-Projekt unerwartete technische Schwierigkeiten auf, die das System lahmlegten; zwischen Marketing und Entwicklung entbrannte ein heftiger Streit, der das Projekt zu blockieren drohte; die Belegschaft rebellierte gegen ein Restrukturierungsprojekt und legte die Arbeit nieder; im Vorstand herrschte Uneinigkeit über die Expansionsstrategie, was den Projektfortschritt gefährdete; ein neuer Wettbewerber tauchte auf, der eine sofortige strategische Neuausrichtung erzwang.

Solche Details zeigen, dass Sie dabei waren: Sie haben selbst um Lösungen gerungen, Konflikte geschlichtet, Projekte gerettet. Mit solchen Details schaffen Sie Glaubwürdigkeit und Vertrauen beim Leser.

Überlegen Sie, mit welchen Details Sie die Kernaussagen Ihres Textes illustrieren und belegen können. Mehr hierzu finden Sie in meinen Blogartikel „Das sprechende Detail“.

Vorgehensweisen und Gedankengänge erklären

Vertrauen entsteht, wenn der Leser eine Schlussfolgerung nachvollziehen kann. Es lohnt sich deshalb, eine zentrale Aussage nicht nur mit guten Argumenten zu begründen, sondern auch darzulegen, wie man zu ihr gekommen ist. Wer seine Vorgehensweisen und Gedankengänge offenlegt, macht seine Aussagen nicht nur verständlich und überprüfbar, sondern lässt den Leser auch an seinen Überlegungen und Zweifeln teilhaben. Beides schafft Vertrauen.

Zeigen Sie deshalb in Ihrem Artikel, welche Vorgehensweisen Sie gewählt und wie Sie zu Ihren Schlussfolgerungen gekommen sind. Legen Sie dar, warum Sie sich für eine bestimmte Methode entschieden haben. Diskutieren Sie, welche Alternativen Sie in Betracht gezogen haben, und warum die gewählte Methode die geeignetste war. Beschreiben Sie offen die Probleme, auf die Sie gestoßen sind, und was Sie daraus gelernt haben.

Den Erkenntnisprozess beschreiben

Ein guter Fachartikel braucht eine klare Botschaft (mehr hierzu in meinem grundlegenden Blogartikel „Fachartikel schreiben“). Das heißt: Der Artikel lebt von einer klaren, vielleicht auch provokanten Kernaussage. Je ungewöhnlicher oder provozierender diese Aussage ist, desto sorgfältiger sollte sie jedoch begründet werden – und umso wichtiger ist es, auch den Erkenntnisprozess darzustellen.

Denn der Leser will wissen: Welche Erfahrungen stehen hinter der Kernaussage? Wie hat der Autor sie theoretisch untermauert? Welche Wissenschaftler haben dazu beigetragen? Warum gerade sie? Welche Zweifel hatte der Autor an seiner Kernaussage? Wie hat er diese Zweifel ausgeräumt?

Indem der Autor seinen Erkenntnisprozess beschreibt, gewinnt nicht nur die Kernaussage des Artikels an Glaubwürdigkeit. Die damit verbundene Offenheit hilft auch, ein Vertrauensverhältnis zum Leser aufzubauen.

 

Wie können Sie nun konkret vorgehen, wenn Sie in Ihrem Artikel nicht nur sagen möchten, dass ein Projekt spannend, eine Strategie effektiv, eine Methode innovativ, eine Lösung maßgeschneidert, ein Beratungsansatz bewährt oder ein Team hochqualifiziert ist – sondern wenn Sie das in Ihrem Artikel auch zeigen wollen?

Bewährt haben sich hier zwei Methoden.​

Methode 1: Abstraktes konkretisieren

Ein guter Fachartikel enthält beides: Konkretes und Abstraktes . Das Abstrakte benötigen Sie, um Zusammenhänge zu erklären, den methodischen Hintergrund darzustellen oder eine Schlussfolgerung theoretisch zu untermauern. Um das Prinzip „Zeigen statt Sagen“ anzuwenden, sehen Sie sich die abstrakten, allgemein argumentierenden Passagen Ihres Textes an und fragen Sie sich: „Gibt es hierzu ein Beispiel? Mit welchem Detail, welcher Szene oder Anekdote aus der Beratungspraxis kann ich diesen Zusammenhang veranschaulichen?“

Es kommt darauf an, das Abstraktionsniveau mehrfach zu wechseln. Einerseits müssen Zusammenhänge erklären werden, andererseits muss der Leser nach dem Prinzip „Zeigen statt Sagen“ immer wieder ins Konkrete geführt werden. Die Kunst besteht darin, auf der „Leiter des Erzählens“ mal ins Konkrete hinabzusteigen und mal ins Abstrakte aufzusteigen (mehr dazu in meinem Blogartikel „Akrobatik für Fachautoren: Die Leiter des Erzählens“).

Methode 2: Adjektive hinterfragen

Adjektive haben in einem Fachtext in der Regel nichts zu suchen. Dennoch schleichen sie sich fast immer ein – und sollten eliminiert werden. Machen Sie aus der Not eine Tugend: Nutzen Sie die Adjektive, um Ihren Text nach dem Prinzip „Zeigen statt Sagen“ zu konkretisieren.

Gehen Sie dazu Ihren Text durch und unterstreichen Sie die Adjektive: die innovative Methode, das spannende Projekt, das kreative Team, das dynamische Unternehmen, das nachhaltige Produkt, der moderne Führungsstil… Und fragen Sie sich dann: Was genau macht die Methode innovativ, das Projekt spannend, das Team kreativ, das Unternehmen dynamisch, das Produkt nachhaltig, den Führungsstil modern? Worin zeigt sich das?

Hinter jedem Adjektiv steckt eine Geschichte. Wenn in Ihrem Text zum Beispiel von einem spannenden Projekt die Rede ist, fragen Sie einfach: Was war daran spannend? So kommen Sie auf die Geschichte hinter dem Adjektiv – und diese Geschichte zeigt dem Leser, dass das Projekt spannend war. Jetzt können Sie das Adjektiv streichen.

Zeigen statt Sagen – Ihr Vorteil gegenüber KI-Texten

„Zeigen statt Sagen“ verschafft Ihnen einen klaren Vertrauensvorsprung gegenüber KI-Texten. Indem Sie konkret und nachvollziehbar schreiben, demonstrieren Sie Ihre echte Expertise und gewinnen das Vertrauen Ihrer Leser. In einer Zeit, in der KI-Inhalte allgegenwärtig sind, machen Sie den Unterschied: Sie zeigen, dass hinter Ihren Worten echte Erfahrung und Kompetenz stehen. So werden Ihre Texte für Ratsuchende und potenzielle Kunden zu einer verlässlichen Wissensquelle in einem Meer aus generischen Inhalten.

Vor allem drei Maßnahmen helfen, um sich von der Masse der ChatGPT-Texte abzuheben: ins Detail gehen, den Erkenntnisprozess beschreiben, Kompetenz zeigen. Wenn Sie dazu  noch die enormen Vorteile von ChatGPT nutzen möchten, kann mein kostenloses E-Paper hilfreich sein: „Mit ChatGPT Fachartikel schreiben: Wie Sie ein mächtiges Werkzeug effektiv nutzen“

4 Kommentare

  1. Vielen Dank, lieber Herr Deutsch, für Ihren so wichtigen Blog-Artikel. So zeigt sich ganz klar, ob eine tatsächliche Expertise und Erfahrung vorhanden ist. Wunderbar.

  2. Lieber Christian, ein klasse Artikel.
    Wenn die Autoren (m/w) dann auch noch über ihre eigenen und die wahrgenommenen Gefühle bei den, in der jeweiligen Angelegenheit, anderen Beteiligten/Betroffenen glaubwürdig berichten, wird der Unterschied zu den mit KI generisch erzeugten Artikeln
    noch deutlicher.
    Wer in Fachartikeln nicht nur den Kopf (die Ratio), sondern auch Herz und Bauch (die Emotion) anspricht, erhöht die Wirkung.

    • Christian Deutsch sagt

      Danke für den ergänzenden Aspekt, lieber Manfred.
      Das ist genau der Punkt: Wer Persönliches einfließen lässt, zum Beispiel indem er über eigene Erfahrungen und Erlebnisse berichtet, spricht Herz und Bauch an – und unterscheidet sich von KI-Texten. Trauen wir uns also, auch in nüchternen Fachtexten über Gefühle zu sprechen!

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